Sorgerecht / Umgang
Rechtsanwältin Sandra Müller
Fachanwältin für Familienrecht
Nach der Trennung lebt das Kind in der Regel in dem Haushalt eines Elternteils. Dies entspricht dem klassischen Residenzmodell. Der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, nimmt den Umgang mit dem Kind wahr.
Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil. Jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet, § 1684 Abs. 1 BGB. Zweck des Umgangs sind die Aufrechterhaltung der verwandtschaftlichen Beziehungen und die Verhinderung von Entfremdung. Art und Umfang des Umgangs orientieren sich am Kindeswohl. Hier spielen insbesondere das Alter des Kindes und die Bindungen des Kindes eine wichtige Rolle.
Es gilt die Wohlverhaltensklausel des § 1684 Abs. 2 BGB zu beachten. Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert.
Das Familiengericht kann das Umgangsrecht eines Elternteils einschränken oder ausschließen, sofern dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Das Familiengericht kann auch anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter (Umgangspfleger) anwesend ist. Der Umgang eines Elternteils mit dem Kind ist nur auszuschließen, wenn der Umgang kindeswohlschädlich ist.
Neben den Eltern haben auch Großeltern und Geschwister ein Recht auf Umgang mit dem Kind, sofern der Umgang dem Kindeswohl dient. Ist das Verhältnis zwischen den Eltern und den Großeltern des Kindes zerrüttet, entspricht der Umgang der Großeltern mit dem Kind nicht dem Kindeswohl.
Andere Bezugspersonen haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn sie tatsächliche Verantwortung für das Kind getragen haben. Dies ist in der Regel gegeben, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat.
Bei berechtigtem Interesse kann jeder Elternteil von dem anderen Elternteil Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes erlangen.
Für die Begründung/Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge muss eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern gegeben sein. Die Eltern müssen in der Lage sein, die erforderlichen Absprachen in der elterlichen Sorge zu treffen. Zwischen den Eltern muss ein Mindestmaß an Übereinstimmung bestehen, um sich am Kindeswohl auszurichten. Eine gewisse Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft muss bei beiden Eltern vorhanden sein.
Ist die Kommunikation zwischen den Eltern grundlegend gestört und besteht keine Elternebene mehr, kann das Familiengericht einem Elternteil die gesamte elterliche Sorge oder Teilbereiche der elterlichen Sorge, wie das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Vermögenssorge, das Recht auf Bildung und Erziehung oder die Gesundheitssorge, alleine übertragen.
Häufige Fragen zum Sorgerecht und zum Umgang
Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für ihre minderjährigen Kinder zu sorgen. Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).
Die Personensorge beinhaltet u.a. die Beaufsichtigung des Kindes und die Bestimmung seines gewöhnlichen Aufenthaltes, die Bestimmung des Familien- und Vornamens des Kindes, den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil, die Geltendmachung von Unterhalt, die Zustimmung zu ärztlichen Maßnahmen einschließlich der Entscheidung über Impfungen, die religiöse Erziehung und die Auswahl der Schule.
Die Vermögenssorge erstreckt sich auf die Verwaltung des Vermögens des Kindes.
Sind die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes miteinander verheiratet, üben sie die elterliche Sorge für das Kind gemeinsam aus. Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, wenn sie einander heiraten, § 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB.
Die gemeinsame elterliche Sorge kann durch Abgabe einer Sorgeerklärung nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB vor dem Jugendamt oder einem Notar begründet werden. Das Familiengericht kann den Eltern seit dem 19.05.2013 nach § 1626a Abs. 1 Nr. 3 BGB die elterliche Sorge gemeinsam übertragen.
Eine Sorgeerklärung kann auch schon vor Geburt des Kindes abgegeben werden.
Grundsätzlich bleibt es auch nach der Scheidung bei der gemeinsamen elterlichen Sorge, solange kein Elternteil einen Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge oder von Teilbereichen der elterlichen Sorge stellt.
Leben die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, kann jeder Elternteil nach § 1671 BGB beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder Teile der elterlichen Sorge alleine überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn der andere Elternteil zustimmt und das Kind, welches das 14. Lebensjahr vollendet hat, dem nicht widerspricht oder zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
Leben die Eltern nicht nur vorübergehend voneinander getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ein gegenseitiges Einvernehmen der Eltern erforderlich.
Erhebliche Bedeutung haben Angelegenheiten, die den Wohnsitz des Kindes, die Wohnsitzverlegung und die Auswanderung sowie Reisen ins Ausland (in Krisengebiete oder bei Warnungen des Auswärtigen Amtes) betreffen. Die Wahl der Kindertagesstätte, die Auswahl der Schule und die Berufswahl sind ebenfalls Angelegenheiten mit erheblicher Bedeutung für das Kind, die durch die Eltern gemeinsam zu treffen sind. Über medizinische Eingriffe, die mit Gefahren erheblicher Komplikationen oder Nebenwirkungen verbunden sind und über Impfungen müssen die Eltern gemeinsam entscheiden. Ausnahmsweise kann ein Elternteil in Notfällen die zum Wohl des Kindes erforderlichen Erklärungen im Rahmen der Gesundheitssorge alleine abgeben.
Für die Beantragung eines Kinderreisepasses ist die Unterschrift beider Eltern erforderlich.
Im Rahmen der Vermögenssorge kommt der Entscheidung über die Annahme/Ausschlagung einer Erbschaft, die Anlage und Verwendung des Kindesvermögens und die Kontoeröffnung erhebliche Bedeutung zu.
Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, hat die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Dies betrifft zum Beispiel die Auswahl der Ernährung, die Freizeitgestaltung, den Kontakt mit Freunden, die gewöhnliche Vorstellung des Kindes beim Kinderarzt für ärztliche Routineuntersuchungen und bei kleineren Krankheiten, Schlafenszeiten, Besuche bei den Großeltern, Teilnahme an Schulveranstaltungen und die Zuteilung von Taschengeld.
Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, die für das Kind erhebliche Bedeutung hat, nicht einigen, kann das Familiengericht nach § 1628 BGB die Entscheidung einem Elternteil übertragen.
Die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge kommt bei Unzuverlässigkeit des anderen Elternteils in Betracht. Dies kann der Fall sein, wenn der Umgang nicht regelmäßig wahrgenommen wird oder der Elternteil keine aktuelle Anschrift oder Telefonnummer benennt. Die Erziehungsfähigkeit kann bei Alkohol- und Drogensucht, psychischen Erkrankungen, Gewaltausbrüchen oder Vernachlässigung eingeschränkt oder aufgehoben sein.
Ist die Erziehungsfähigkeit keinem Elternteil abzusprechen, kommen der Erziehungskompetenz, der Förderkompetenz, der Bindungstoleranz, dem Kontinuitätsgrundsatz, den Bindungen des Kindes an die Eltern und Geschwister und dem Kindeswillen bei der gerichtlichen Entscheidung Bedeutung zu.
Gerichtliche Entscheidungen in der elterlichen Sorge können jederzeit geändert werden, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist, § 1696 BGB.
Das Jugendamt ist nach § 42 SGB VIII berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann. Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen.
Gegen eine solche Maßnahme des Jugendamtes kann binnen eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Parallel werden wir beim Gericht einen Antrag auf Aufhebung der Inobhutnahme und Anordnung der sofortigen Herausgabe des Kindes an die Eltern oder einen Elternteil stellen.
Gem. § 1666 BGB kann das Familiengericht Maßnahmen treffen, die zur Abwendung von Gefahren für das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder seines Vermögens erforderlich sind. Zu den gerichtlichen Maßnahmen gehören insbesondere Gebote, öffentliche Hilfen in Anspruch zu nehmen und für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen. In Betracht kommen auch Verbote, die Wohnung, in der das Kind lebt, zu nutzen oder sich der Wohnung zu nähern, Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, Verbindungen zu dem Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen. Das Familiengericht kann auch Erklärungen des Sorgeberechtigten ersetzen oder die elterliche Sorge teilweise oder vollständig entziehen.
Maßnahmen, die mit einer Trennung eines Kindes von dem Sorgeberechtigten verbunden sind, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise begegnet werden kann. Öffentliche Hilfen haben grundsätzlich Vorrang. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu wahren.
Über den Antrag des nicht mit der Mutter verheirateten Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Abs. 2 BGB kann das Familiengericht ohne mündliche Verhandlung und ohne Anhörung der Eltern und des Jugendamtes durch Beschluss entscheiden, wenn die Mutter gar nicht reagiert oder nur Gründe vorträgt, die erkennbar nichts mit dem Kindeswohl zu tun haben.
In allen anderen Fällen findet ein Termin vor dem Familiengericht statt. In diesem Termin werden die Eltern persönlich angehört. Zuständig ist das Familiengericht, in dessen Gerichtsbezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
In Verfahren, welche den Aufenthalt, die Herausgabe des Kindes und das Umgangsrecht betreffen und in Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung gilt das Vorrangs- und Beschleunigungsgebot des § 155 FamFG. Das Familiengericht soll spätestens einen Monat nach Einleitung des Verfahrens einen Termin zur mündlichen Verhandlung ansetzen.
In dem Verfahren wird auch das Jugendamt angehört und in der Regel ein Verfahrensbeistand für das Kind bestellt. Der Verfahrensbeistand hat die Interessen des Kindes festzustellen und vor Gericht zur Geltung zu bringen.
Die Sachbearbeiter des Jugendamtes und der Verfahrensbeistand führen Gespräche mit den Eltern und dem Kind und geben gegenüber dem Familiengericht Stellungnahmen ab, die dem Familiengericht mit als Entscheidungshilfe dienen. Zum Verhandlungstermin werden das Jugendamt und der Verfahrensbeistand geladen. In einigen Fällen holt das Familiengericht vor der Entscheidung ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten ein.
Das Gericht führt eine Kindesanhörung durch, wenn das Kind das 14. Lebensjahr vollendet hat. Hat das Kind das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet, findet eine Kindesanhörung statt, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung sind oder seine persönliche Anhörung aus sonstigen Gründen angezeigt ist und nicht schwerwiegende Gründe gegen eine Kindesanhörung sprechen, § 159 FamFG. Kinder ab einem Alter von 3 Jahren werden in der Regel durch das Familiengericht angehört. Die gerichtliche Kindesanhörung findet ohne die Eltern und deren Rechtsanwälte im Beisein des Verfahrensbeistandes und des Jugendamtes statt.
Hält sich ein Elternteil nicht an eine gerichtliche Entscheidung oder einen gerichtlich gebilligten Vergleich zum Umgang führt das Familiengericht auf Antrag des anderen Elternteils nach § 165 FamFG ein Vermittlungsverfahren durch.
Bei Zuwiderhandlungen gegen eine gerichtliche Entscheidung oder einen gerichtlich gebilligten Vergleich zum Umgang setzt das Familiengericht auf Antrag gegen den Verpflichteten ein Ordnungsgeld bis zu 25.000,00€ fest und ordnet für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten an. Durch ausdrücklichen Beschluss kann das Familiengericht die Anwendung unmittelbaren Zwangs anordnen, wenn die Festsetzung von Ordnungsmitteln erfolglos geblieben ist oder keinen Erfolg verspricht. Allerdings darf unmittelbarer Zwang gegen das Kind selbst zur Ausübung des Umgangsrechts nicht ausgeübt werden, sondern nur gegen die Mutter im Falle der Verweigerung der Herausgabe des Kindes.
Verweigert ein Elternteil dem anderen Elternteil den durch das Familiengericht festgelegten Umgang und entstehen dem umgangsberechtigten Elternteil dadurch Mehraufwendungen besteht ein Schadensersatzanspruch gegen den verweigernden Elternteil. Eine fortgesetzte und schuldhafte Vereitelung des Umgangs kann zu einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruches des betreuenden Elternteils nach § 1579 Nr. 6 BGB führen.
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 01.02.2017 (XII ZB 601/15) kann nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen den Willen des anderen Elternteils ein paritätisches Wechselmodell angeordnet werden.
Kindschaftssachen mit Auslandsbezug
Verfahrensrecht
Der international verwendete Begriff der elterlichen Verantwortung geht über den deutschen Begriff der elterlichen Sorge hinaus und umfasst auch den Umgang sowie Vormundschaft und Pflegschaft für Minderjährige.
Die internationale Zuständigkeit des Gerichts im Bereich der elterlichen Verantwortung ist in dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ), in der Brüssel IIa-VO und in dem Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und Maßnahmen zum Schutz von Kindern (KSÜ) geregelt.
Der Vorrang der Brüssel IIa-VO folgt aus Art. 60 e) der Brüssel IIa-VO, wenn die Kindesentführung von einem Mitgliedsstaat in einen anderen Mitgliedsstaat erfolgte. Die Zuständigkeit des Gerichts des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes ist nicht gegeben, wenn das Kind im Sinne von Art. 3 HKÜ widerrechtlich ins Ausland verbracht wurde oder dort zurückgehalten wird.
Die internationale Zuständigkeit des Gerichts im Bereich der elterlichen Verantwortung ist in Art. 8 Brüssel IIa-VO geregelt. Für Entscheidungen die elterliche Verantwortung betreffend, sind die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Nach Art. 10 Brüssel IIa-VO bleibt das Gericht des Mitgliedsstaates in Fällen von Kindesentführung so lange zuständig, bis das Kind einen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedsstaat erlangt hat. Sofern sich das Kind noch nicht für ein Jahr in dem anderen Mitgliedsstaat aufhält und der Sorgeberechtigte der Verbringung nicht zugestimmt hat, ist die Zuständigkeit des deutschen Gerichts gegeben.
Gem. § 12 IntFamRVG ist das Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat. Im Bezirk des Kammergerichts Berlin ist das Familiengericht Pankow/Weißensee zuständig.
Wenn weder die Brüssel IIa-VO, das HKÜ noch das KSP Anwendung finden, ist auf autonomes Recht gem. §§ 99, 152 FamFG zurückzugreifen.
Statut
Das materielle Recht folgt aus dem HKÜ, dem KSÜ und subsidiär aus Art. 21 EGBGB. Das HKÜ (Art. 12, 13, 20) geht im Rahmen seines Anwendungsbereiches dem KSÜ vor. Gem. Art. 15 KSÜ ist auf das Recht des Mitgliedsstaates des gewöhnlichen Aufenthaltes abzustellen, so auch in Art. 21 EGBGB.
Nach Art. 21 HKÜ kann auch eine Umgangsregelung in dem Mitgliedsstaat, in dem sich das Kind aufhält, beantragt werden. Die Zuständigkeit des deutschen Gerichts wird dadurch nicht verdrängt.
Wenn ein Elternteil das gemeinsame Kind gegen den Willen des anderen Elternteils in Ausland verbringt oder im Ausland zurückhält, kann der andere Elternteil das Verfahren nach dem HKÜ durchführen mit dem Ziel der Rückführung des Kindes nach Deutschland und der Herbeiführung einer Entscheidung zur elterlichen Sorge und/oder der Regelung des Umgangs.
Das Verbringen/Zurückhalten ist widerrechtlich i.S.v. Art. 3 HKÜ, wenn dadurch das Sorgerecht verletzt wurde. Das HKÜ findet Anwendung, sofern das Kind das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. (Art. 4 HKÜ)
In Fällen von Kindesentführung werden wir einen Antrag auf Rückführung des Kindes nach Art. 8 HKÜ mit dem Ziel der Anordnung der Rückführung des Kindes nach Deutschland gem. Art. 12 HKÜ stellen. Dies kann auch über die Zentrale Behörde des Mitgliedsstaates erfolgen. In Deutschland ist das Bundesamt für Justiz mit Sitz in Bonn die Zentrale Behörde. Für den Antrag eines Elternteils auf sofortige Rückführung des Kindes nach Deutschland ist das Gericht des Zufluchtstaates nach Art. 11 Abs. 1 und 2 Brüssel IIa-VO zuständig.
Nach Art. 14 HKÜ wird bei der Entscheidung, ob ein widerrechtliches Verbringen i.S.v. Art. 3 HKÜ vorliegt, das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes angewendet.
Gründe für die Ablehnung der Rückführung sind in Art. 13 und 20 HKÜ geregelt. Es müssen ungewöhnliche und schwerwiegende Beeinträchtigungen des Kindeswohls vorliegen, die sich als konkret und aktuell darstellen. Eine Kindeswohlprüfung findet nicht statt. Es ist dem anderen Elternteil in der Regel zuzumuten, mit dem gemeinsamen Kind nach Deutschland zurückzukehren und eine Entscheidung in der elterlichen Sorge herbeizuführen.
Gem. Art. 11 Abs. 3 S 2 Brüssel IIa-VO hat das Gericht binnen 6 Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Die Beschwerdefrist gegen diese Entscheidung beträgt 2 Wochen.